Willy Goldmann erinnert sich

Wasserwogen schwappten über den Ricklinger Stadtweg, liefen in die Keller bis in die Parterrewohnungen. Bei uns bis in die Tasten des Klaviers.
Da wir zu der Zeit Hühner und Enten im Garten hinter unserem Haus hatten, musste ich diese ganz schnell auf den Boden in Sicherheit bringen.
Der Grund, dass das Wasser so schnell stieg, lag nach meiner Ansicht in erster Linie am Grundwasser, außerdem kam das Wasser von der Beeke, sowie von Ihme und Leine. Zu der Zeit hatte Ricklingen noch keinen Deich und kein Pumpenhaus, das Wasser konnte nicht mehr zurück gepumpt werden.
In unserer Wohnung auf dem Ricklinger Stadtweg stand das Wasser einige Tage; als es dann ablief, sahen wir das Furchtbare: sämtliche Fußböden und Möbel über und über mit Schlamm bedeckt. Noch Monate später war die Feuchtigkeit in den Wänden.
Die zahnärztlichen Geräte meines Vaters standen ebenfalls im Hochwasser. Keine Firma konnte sie weder säubern noch reparieren. Nur ein Handwerker hat es unter großen Mühen geschafft, die Geräte wieder funktionstüchtig zu machen, das war der Vater unseres Elektromeisters Georg Elbl. Wir freuen uns heute noch über die Hilfsbereitschaft und sagen herzlichen Dank.

Eine weitere Geschichte möchte ich noch vom Hochwasser erwähnen:

Das Großkind von August Schwerdtmann litt unter starken Asthma-Anfällen.
Meine Mutter fuhr an diesem besagten Hochwassertag mit der Straßenbahn in die Stadt, um ein Inhaliergerät aus der Apotheke zu holen. Hier in Ricklingen hatte zu der Zeit keine Apotheke dieses Gerät.
In die Stadt kam meine Mutter noch - sie hat auch das Gerät bekommen und dieses bei Schwerdtmanns abgegeben, kam aber anschließend nicht wieder zurück- das Wasser war so hoch und die Strömung zu stark.

Der Fleischermeister Walter Suhr hat meine Mutter auf die Schulter genommen und versucht sie durch die Fluten nach Hause zu tragen, musste aber nach einigen Schritten durch die starke Strömung sein Vorhaben abbrechen.

Mein Vater und ich sowie einige Mieter waren allein zu Haus, wir haben gerettet, was überhaupt zu retten möglich war.

Text & Foto aus: 50 Jahre Ricklinger Deich 1954 - 2004
Deichgrafen-Collegium Ricklingen, 01. Februar 2004

Weiter: Wilma Borchers

Aktualisiert: 11.01.2005